Kristin Engelhardt ist Expertin für interne Kommunikation und Firmenmedien. In ihrem neuen Buch schreibt sie über veränderte Ansprüche an Mitarbeiterkommunikation in neuen Arbeitswelten. In diesem Interview umreißt sie das Themenfeld.
Was verstehst du unter „neue Arbeitswelten“?
Neue Arbeitswelten heißt: Digitalisierung mit all ihren Konsequenzen. Homeoffice, Digital Workplace, hybride Arbeitsformen inklusive entsprechender Gestaltung von Büros sind gekommen, um zu bleiben. Das bedeutet nicht nur technische Umstellungen und Änderungen in Arbeitsabläufen, sondern auch veränderte Formen des Miteinanders in Unternehmen. Wem im Homeoffice mehr Selbstverantwortung abverlangt wird, dem sollte man auch in der Kommunikation mehr Mitsprache und Beteiligung zugestehen.
Agile Teams, Remote Work, etc.: Was muss interne Kommunikation angesichts „New Work“ leisten?
Was sich für die Interne Kommunikation – abgesehen von der Fülle an medialen Möglichkeiten – ändert, sind vor allem die inhaltlichen Gewichtungen. Also mehr Mitarbeiter-Mitsprache, mehr kommunikative Unterstützung und Dialog für die Führungskräfte. Denn die Manager des mittleren Managements sind es ja, die neue Führungskultur auf Augenhöhe leben, die Unternehmenskultur mit ihren Werten im Team durchsetzen und vor allem Change-Prozesse vorantreiben müssen. Und die CEOs sollten mit gutem Beispiel vorangehen und dialogbereit sein; zum Beispiel in gestreamten Fragen- und Antworten-Runden. Last, but not least, besonders wichtig: Nachhaltigkeit und Werte müssen nicht nur tätig gelebt, sondern auch entsprechend kommuniziert werden.
Welche Form der interne Kommunikation erwartet sich die junge Generation?
Natürlich müssen in der Internen Kommunikation die Medien und Maßnahmen gewählt werden, die bei den Zielgruppen ankommen. Aber das passgenaueste Medium nützt nichts ohne Inhalte, die bei den Adressaten ankommen. Interaktivität ist hier das Zauberwort. Quizzes und Gewinnspiele sollen das bei Mitarbeiter-Apps fördern. Und – noch besser – wirklich interessante Inhalte. Die DHL-Group zum Beispiel kündigte nicht nur ihre Kooperation mit der Pop-Rock-Band Coldplay groß an, sondern forderte darüber hinaus die Beschäftigten auf, zum Song „Yellow“ Videos zu produzieren. Das Echo war groß.
In die Kerbe der Interaktivität treffen auch Prognosen zum medialen Verhalten der Generation Alpha (Jahrgänge 2010 bis 2015): Sie sagen, dass diese – ähnlich wie die Generation Z (Jahrgänge 1995 bis 2010) – mehr Personalisierung und Gamification wünscht. Inhaltlich ist den jungen Generationen nicht nur die Work-Life-Balance wichtig. Sie achten besonders auf Werte bezüglich Klimawandel, sozialer Gerechtigkeit und Diversität.
Stichwort Employer Branding: Sollte ein Unternehmen mit begrenzten Möglichkeiten eher auf Maßnahmen bei der internen oder bei der externen Kommunikation setzen?
In dieser Frage ist schon der Hinweis auf die „begrenzten Möglichkeiten“ sehr gefährlich. Ich möchte mit einer Gegenfrage antworten: Soll ein Unternehmer seine Firma lieber ohne MitarbeiterInnen oder ohne Verkaufsaktivitäten führen? Ich glaube an die Wichtigkeit der Internen Kommunikation: Wer tolle und motivierte MitarbeiterInnen hat, wird auch Super-Produkte und -Leistungen anbieten. Und die sind die Voraussetzungen für jeden Verkaufserfolg. Große Unternehmensgründer wie Robert Bosch und Werner von Siemens wussten, wie wichtig ihre MitarbeiterInnen und die Kommunikation mit ihnen sind, und sind mit ihren Erfolgen gute Vorbilder.
Bei welchen Themen sollte ein Unternehmen mit seinen Mitarbeitern unidirektionale kommunizieren und bei welchen mit Rückkanal?
Rückfragen sollten immer möglich sein. Ausnahmen sind nur Mitteilungen im Sinne von „Das Haus brennt!“ oder arbeitsunterstützende Informationen, die selbsterklärend sind; wie technische Daten, Telefonverzeichnisse oder dergleichen.
Wann ist ein Podcast für die interne Kommunikation sinnvoll?
Ein Podcast dient in der Internen Kommunikation meist dazu, das übrige Medienspektrum abzurunden. Podcasts können dabei einzelne Unternehmensaspekte in den Vordergrund rücken (Beispiel: voestalpine MyPodcast). Oder es werden Podcast-Serien produziert, um spezielle Themenbereiche bzw. Anliegen herauszustreichen. Beim Podcast von Randstad zum Beispiel sollten MitarbeiterInnen zu Wort kommen. Bei E.ON Energie Deutschland beleuchtete eine Podcast-Serie Aspekte des Ukraine-Kriegs.
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Kristin Engelhardts neues Buch:
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-45153-0 . Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, Juni 2024. Das Buch ist gedruckt und als e-book erhältlich.
Website von Kristin Engelhardt
Credit Aufmacherfoto: Stephan Hunger