Ich mache kurzen Prozess mit dem viel diskutierten Thema Erscheinungsintervall von Podcasts. Achtung: Kann Spuren von Pragmatismus enthalten.
Mindestens 1x pro Woche! Nein. Besser: Jede Woche eine neue Folge! – Hand aufs Herz: Wie oft haben Sie schon „Experten“ zum Thema Erscheinungsintervall von Podcasts ihre Meinung kundtun hören? Ich zumindest schon oft. Falsch lag bisher niemand, denn so viel sei schon jetzt verraten: Es gibt kein Patentrezept, wie oft ein Podcast erscheinen muss. Denn wie wichtigsten Fragen beim Podcasting lautet:
- Welche Ziele verfolge ich?
- Wer ist meine Zielgruppe?
In diesem Beitrag blicken wir zuerst auf das Thema Reichweite, denn es ist stark mit dem Erscheinungsintervall verknüpft.
Ziel: Viel Reichweite für den Werbemarkt
Ambitionierte Hobbyprojekte, Medienhäuser & Co leben in erster Linie von Werbung am Podcast. Daher müssen sie eine möglichst hohe Reichweite (also Downloads, Hörer, …) generieren, um diese Kontakte ihren Werbekunden zu verkaufen. Hohe Reichweite führt zu höheren Werbeeinnahmen.
Algorithmus & Charts der Plattformen
Podcast-Plattformen wie Apple Podcasts und Spotify bieten die Rubrik „Charts“, wo laut deren Berechnung besonders beliebte Podcasts angeführt werden. Da dies auf Basis eines Algorithmus passiert und neben der simplen Zahl der Downloads noch zig andere Parameter einfließen, hat man hier nicht den vollen Durchblick. Meiner Beobachtung nach werden Podcasts in den Charts von einem Tag auf den anderen auch mal wild herumgeworfen. Sind sie einmal unter den Top-10, können sie am nächsten Tag schon auf Platz 100 sein. Außer seine Downloadzahlen durch Marketing-Maßnahmen (z. B. auf Social Media posten) zu steigern, kann man als Podcaster dieses Ranking nicht beeinflussen.
Als ziemlich gesichert gilt die Theorie, dass neue Podcasts (neue Shows) von Beginn an für zwei bis drei Woche von den Plattformen besonders wohlwollend behandelt werden. Apple & Co. stellen neue Shows gern mal gleich in die Charts um abzuchecken, wie gut sie bei den Hörern ankommen.
Mit mehreren Folgen gleichzeitig starten
Als Podcaster kann man aber diese „Vorschusslorbeeren“ der Plattformen für sich nutzen, in dem man beim Start seines Podcasts gleich mit einer Handvoll Folgen online geht. Denn entdeckt ein Hörer eine Folge des Podcasts in den Charts, und sie gefällt ihm, ist die Chance hoch, dass er gleich weitere Folgen davon hört. Geht man nur mit einer Folge an den Start, so nimmt man den Höreren diese Chance und sich selbst die Möglichkeit, dadurch mehr Downloads und Fans zu erzielen.
Fazit: Wer wegen Werbeeinnahmen von Reichweiten getrieben ist, dem sei ans Herz gelegt, möglichst oft zu erscheinen. Denn viel neuer Content bringt einem bessere Rankings in den Charts, steigert die Follower-Zahlen und steigert auch die Chance, von Höreren weiterempfohlen zu werden. Intervall, Timing & Co. schauen wir uns in diesem Beitrag später an.
Ziel: Qualität statt Quantität bei Hörern
Unternehmen, Dachverbände, Interessensgemeinschaften & Co. betreiben auch Podcasts, so genannte Corporate Podcasts. Diese verstehen sich wie Blogs und Kundenmagazine als unternehmenseigene Kommunikationskanäle. Sie müssen in der Regel keine Werbekunden überzeugen und sind daher auch nicht dem Zwang unterworfen, auf Biegen und Brechen hohe Reichweiten zu erzielen.
Viel mehr geht es darum, seine vorab definierte Zielgruppe exakt, langfristig und qualitätsvoll zu erreichen. Bei Unternehmen sind dies in der Regel Kunden oder potenzielle Kunden, bei Interessensvertretungen sind es deren Mitglieder (mehr dazu im Beitrag Die Ziele des Corporate Podcasts).
Bei Corporate Podcasts geht es nicht primär darum, in Charts gelistet zu sein. Unternehmen erreichen ihre Hörer primär durch die richtige Streuung des Podcasts über vorhandene Kanäle: Newsletter, Social Media, Website. So treffen sie die „richtigen“ Hörer, da bestehende Kanäle bereits die Zielgruppe bedienen (mehr dazu im Beitrag Größe ist Nebensache: Erfolgsmessung am Corporate Podcast).
Bei Corporate Podcasts geht es mehr um die inhaltlich passende Ausrichtung an die Zielgruppe, um über bestehende Kanäle erreichte Hörer als treue und regelmäßige Hörer zu gewinnen. So kann etwa eine Versicherung seine Kunden mit möglichst relevanten Themen bei Laune halten und so an sich bzw. an die Marke binden.
Erscheinungsintervall & Timing
Ich persönlich höre den Comedy-Podcast Wien echt , der wöchentlich am Freitag erscheint. Ja ich gebe zu, manchmal freue ich mich schon am Mittwoch auf Freitagnachmittag, wenn die neue Folge in der Podcast-App verfügbar ist. Das ist echte Periodizität, auf die man sich verlassen kann. Und genau bei solchen Formaten, die häufig erscheinen, die wie eine TV-Sendung einen Fixpunkt im Lebensstil definieren, macht en exakter Erscheinungsintervall definitiv Sinn. Ebenso ist dies bei Nachrichten-Podcasts, die man wie Radionachrichten z. B. täglich am Weg in die Arbeit hört.
Daneben existieren Formate, wie etwa aufwendig produzierte Reportage-Podcasts (unter anderem mein selbst produzierter Fisch Ahoi), meist ohne akuten Aktualitätsbezug, die unregelmäßig erscheinen. Das ist aus meiner Sicht auch völlig in Ordnung, denn folgt man diesen Podcasts, wird man ohnehin benachrichtig, sobald eine neue Folge erscheint. Sie fungieren in der Podcast-Landschaft als I-Tüpfelchen, als „Sondersendungen“, von denen sich der Hörer keine fixen Erscheinungsintervalle erwartet.
Erscheint ein Podcast etwa einmal im Monat, so macht es für den Hörer keinen Unterschied, ob dies etwa immer ein Freitag oder ein Dienstag ist. Bei wöchentlichem Rhythmus ist Tag und mitunter auch die Uhrzeit entscheidend, da die Hörer eine gewisse Erwartungshaltung aufbauen.
Corporate Podcasts unterliegen den gleichen Mechanismen des Mediennutzungsverhaltens wie alle anderen. Meiner Beobachtung nach verfolgen viele Corporate Podcasts ähnliche Formate, nämlich längere Interviews. Sie haben meist keinen hohen Aktualitätsbezug und bewegen sich zwischen den beiden Extremen des Nachrichtenpodcasts und der Sondersendung. Ein mehr oder weniger regelmäßiger Erscheinungsintervall von zwei bis vier Wochen ist dabei sinnvoll, bei den Hörern – also (potenziellen) Kunden – immer wieder auf dem Radar aufzutauchen (mehr dazu im Beitrag Wie der Corporate Podcast Kunden bringt).
Fazit
Es hängt stark von Inhalt und Format ab, wie häufig ein Podcast erscheinen sollte. Ebenso muss man als Podcaster entscheiden, ob man seine Hörer von Beginn an, an einen bestimmten Intervall gewöhnen möchte oder eben nicht. Hier ein paar Faustregeln zum Erscheinungsintervall:
- Je höher der Bezug zu aktuellen Themen, desto regelmäßiger sollte der Podcast erscheinen.
- Je „starrer“ das Format, desto regelmäßiger der Intervall (z. B. wöchentlicher Talk).
- Je „spezieller“ das Format, desto weniger wichtig ist regelmäßiges Erscheinen (z. B. Reportagen).
- Je öfter ein Podcast erscheint, desto wichtiger ist das Thema Uhrzeit der Veröffentlichung (Orientierungsfunktion im Tagesablauf eines Hörers).
Das Archiv arbeitet weiter
Bei all dem Eifer nach Followern, Downloads und Hörern, darf man nicht außer Acht lassen, dass auch ältere Folgen im Podcast-Archiv „weiterarbeiten“. Neue Hörer durchforsten gerne das Archiv, picken sich ältere Folgen heraus oder ziehen sich einen Podcast etwa während einer langen Reise ganz im Stile von „Binge Listening“ rein.
Leider gibt es noch keine Google-Suche für Podcast-Folge und somit bleibt die gezielte Suche nach bestimmten Inhalten nur dem rudimentären Suchfenster von Apple, Spotify & Co. vorbehalten. Sollte sich dies künftig ändern und wird die Auffindbarkeit von Podcast-Inhalten leichter, bekommen bestehende Folgen einen höheren Stellenwert.
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Alle Beiträge zum Thema Corporate Podcasting:
- Corporate Podcasts: So klingen Österreichs Unternehmen
- Preisbeispiel: Die Kosten für einen Corporate Podcast
- Minuten, Stunden Tage: Wie viel Aufwand ist ein Podcast?
- Wie der Corporate Podcast Kunden bringt
- Die Ziele des Corporate Podcasts
- Wie oft soll ein Podcast erscheinen?
- So viel Eigenleistung ist notwendig
- Größe ist Nebensache: Erfolgsmessung am Corporate Podcast
- So finde ich den richtigen Podcast-Produzenten
- Über die Nachteile von Podcasts
- Interview, Solo, Reportage: Welches Podcast-Format ist das beste?
- Was ein Podcaster-Moderator wissen muss
- Blick über die Grenze: Corporate Podcasts in Deutschland
- Unternehmens-Podcast: Antworten auf die 10 brennendsten Fragen
- Podcast schneiden: So viel Tuning muss sein
- Mitarbeiter-Podcast: So gelingt die interne Kommunikation
- Was Podcasts mit Employer Branding zu tun haben
- Warnung: Finger weg von Podcasts!
Titelfoto: Austin Distel/Unsplash